Julia* Pogerth | 67, neugierige Müßiggängerin*; Stuttgart

Ich gebe es ja nicht gern zu, aber ein allererstes einschneidendes und entschieden beeindruckendes Erlebnis im Zusammenhang mit einer Figurentheateraufführung hatte ich tatsächlich bei einer Vorstellung meines Lieblingsfeindes aus alten Tagen.

Da war eine Puppe auf der Bühne, ein Mädchen im Teenageralter, das ausgesprochen zugewandt und vertrauensvoll am Bein des Puppenspielenden zupfte. Ein faszinierender und gleichzeitig irritierender Moment. In dem Augenblick habe ich kapiert, dass da verschiedene Ebenen sind, die aneinanderstossen. Und dass das richtig krachen kann und sich dabei Spalten auftun, die den Betrachter anzuziehen vermögen, ihn eintauchen lassen in atemberaubende, vielfältige, phantastische, ungeheuerliche Zwischenwelten. Die alle im Kopf des Zuschauers wirklich werden.

Die ganze Tragweite habe ich damals freilich noch nicht begriffen. Aber das Phänomen wurde mit der Zeit immer deutlicher. Es begegnet mir regelmäßig bei herausragenden Inszenierungen und bei unterschiedlichen Künstlern* (auf die ich mich heutzutage konzentrieren darf). Reibung zwischen Puppe und Spielenden, zwischen Musik und Geräusch und Aktion und Text und Lüge und Wahrheit. Überall Gletscherspalten, in die mensch abgleiten kann. Und es ist vergnüglich und wunderbar und reich und gefährlich und immer anders. Unerschöpflich. Möchte es nicht missen.

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